Karoline Herfurth im Interview „Ich wäre gerne Ärztin geworden.“ Oder Sozialwissenschaftlerin. Oder Politikerin. Oder in einer NGO tätig.

Karoline Herfurth im Interview


Ob als tragisches Mirabellen-Mädchen im „Das Parfüm – Die Geschichte eines Mörders“, eine Magersüchtige im „Vincent will Meer“ oder Taschendiebin im Vampirdrama „Wir sind die Nacht“ – es gibt wohl kaum eine Rolle, der Karoline Herfurth nicht gewachsen wäre, keine Verwandlung, die ihr nicht gelingen würde.

In einem ihrer neuesten Filme erleben wir sie in einer Rolle, für die ihre Verwandlungskünste kaum von Nöten sind. Im bereits dritten Teil („RICO, OSKAR UND DAS HERZGEBRECHE“) des Kinderfilms über zwei Jungs Rico und Oscar ist Karoline Herfurth das,  was sie sehr gern auch jenseits der Leinwand ist: Mutter! Eine Mutter, die vorbildlich ist. Nicht fremd soll für Sie auch der Ort des Geschehens sein: Ihre Heimatstadt Berlin. Eine Stadt, die sie liebt. Es scheint so, als wäre die Grenze zwischen Tanja Doretti und Karoline Herfurth fließend. Ebenso wie die Grenze zwischen einer Diva, einer starken Frau oder auch einem zarten Mädchen in der Karoline selbst … Vielleicht ist es genau das,  was ihr erlaubt, all die unterschiedlichen Persönlichkeiten mit Bravour zu spielen?!

„… Eine Diva ist eine starke Frau, die weiß, was sie will und die sich nicht klein macht aus Angst, nicht gemocht zu werden …“

WomenWeb: Von einer zarten Elfe, über ein unschuldiges Mädchen, bis hin zur strahlenden Diva und eleganten Dame: Sie sind ein Phänomen Frau, das all diese weiblichen Facetten in sich trägt und sie lebt. Wie gelingt es Ihnen, dieses Mädchenhafte nicht zu verlieren?

Karoline Herfurth: Vielen Dank für das Kompliment. Um ehrlich zu sein, mache ich mir darüber nicht wirklich Gedanken. Ich versuche einfach, meine Arbeit gut zu machen, neue Herausforderungen zu finden, Spaß dabei zu haben und mein Leben zu genießen.

In welchen Situationen sind Sie eher eine unschuldige Zarte und wann schaltet sich die starke Frau oder eine Diva in Ihnen ein?

Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass fast immer ein Teil von jedem dabei ist. Ich finde es gut, sich auch zu erlauben ein wenig Diva zu sein. Ich glaube, in Wirklichkeit heißt das nur, seine Wünsche zu äußern, klare Ziele zu haben, sich durchzusetzen und nicht immer nachzugeben. Für mich ist eine Diva eine starke Frau, die weiß, was sie will und die sich nicht klein macht aus Angst, nicht gemocht zu werden. Wenn ich allerdings vor der Kamera stehe muss ich mich durchlässig machen, da gilt es also, sich aufzumachen. Und wenn ich Neues lerne, versuche ich, einfach nur zuzuhören.

Sie haben mal in einem Interview auf Berliner Kurier.de die Frage aufgeworfen, ob „wir im Alltag nicht alle mal Schauspieler sind?“ Schauspielern heißt aber, in fremde Rollen schlüpfen… Ist es denn nicht viel entspannter und gesünder, im Alltag man selbst zu bleiben, anstatt immer etwas zu schauspielern oder vorzuspielen? Ist DAS nicht die Intention, der innige Wunsch jedes einzelnen?

Die Frage dabei ist, was „man selbst“ überhaupt ist. Ich lege im Büro nicht die Füße auf den Tisch oder rede mit meiner Chefin nicht wie mit meiner Freundin. Wir verhalten uns in verschiedenen sozialen Rollen. Dabei sind wir trotzdem „wir selbst“. Ich finde es interessant, inwiefern es „man selbst sein“ als Gegensatz zu „sich verstellen“ überhaupt gibt. Die eigentliche Frage ist dann ja: Was ist eigentlich Authentizität.

Tanja Doretti ist „… eine großartige Mutter, die ihr Kind über alles liebt und beschützt und ihm erlaubt, so zu sein, wie er ist.“

Karoline Herfurth im Interview
© 20th Century Fox


Wenn Sie für die Schauspiel-Karriere nicht „tiefbegabt“ genug gewesen wären, welchen Beruf würden Sie am liebsten ausüben und warum?

Ich wäre gerne Ärztin geworden. Oder eben ein Beruf, den man mit Sozialwissenschaften ausübt. Vielleicht wäre ich Politikerin geworden oder in einer NGO tätig.

„Ich bin ein tiefbegabtes Kind“ ist ein sehr wichtiger Satz im Rico-Oskar-Universum! Welche Begabungen hatte die kleine Karoline und was ist heute aus diesen Begabungen geworden?

Ich habe die Artistik geliebt. Eigentlich wollte ich immer Tänzerin werden. Aber das ging nicht. Mittlerweile ist es einfach ein sehr vernachlässigtes, aber geliebtes Hobby, was ich gerne mal wieder aufnehmen würde.

Im Film spielen Sie eine gute Mutter, die ihren Sohn eindeutig liebt und nebenbei auf eine nette Weise „ihr Ding weitermacht“. Wie finden Sie Tanja Doretti als Ricos Mutter? Was kann man dieser Frau vorwerfen und wofür sollte man sie loben?

Ich finde Tanja eine großartige Mutter, die ihr Kind über alles liebt und beschützt und ihm erlaubt, so zu sein, wie er ist. Sie stellt nicht ihn in Frage, sondern die Maßstäbe der Welt. Sie verlangt von ihm nicht, sich anzupassen, sondern bringt ihm bei, sich selbst zu vertrauen und die eigenen Stärken zu sehen. Das finde ich außergewöhnlich und mutig. Sie ist also eine sehr mutige Frau. Sie gibt sich nicht auf in der Mutterrolle, sondern schafft es, sich ihren eigenen Raum zu bewahren. Das finde ich sehr klug und vorbildlich. Tanja Doretti hat als alleinerziehende Frau so ziemlich die beschissenste Situation, die man haben kann, und sie meistert diese mit Bravour, wie ich finde. Ohne ihr Herz, ihre Lebensfreude und ihren Stolz aufzugeben. Das einzige, das man ihr vorwerfen kann, ist, dass sie es glaubt, wenn ihr jemand sagt, sie sei selbst schuld an ihrer Situation oder dass sie etwas nicht kann. Sie neigt wahrscheinlich dazu, sich selbst zu unterschätzen und stellt sich hinten an.

Welche Filmszene ist Ihre Lieblingsszene und warum?

Da kann ich mich nicht entscheiden! Es gibt so viele! Und ich habe sie alle gerne gespielt. Ich hatte so unglaublich tolle Kollegen und ich liebe diese Welt, die Andreas Steinhöfel da gebaut hat. Und auch endlich mit Wolfgang Groos als Regisseur zu arbeiten war ein Fest für mich.

Der Film spielt in Ihrer Heimatstadt Berlin … Diese Stadt polarisiert: Entweder man hasst sie, oder man liebt sie. Was ist für Sie Berlin?

Also, ich kann mir nicht vorstellen, dass man Berlin hassen können sollte …! Diese Stadt ist wunderbar. Sie hat für jeden einen Platz und erlaubt jedem seine Nische. Sie ist demokratisch und tolerant, bunt und mit vielen Gesichtern. Damit ist sie modern und international. Also wirklich! Was Berlin angeht, bin ich sehr patriotisch. Ich liebe diese Stadt. Sie ist mein Zuhause.

Welche Plätze in dieser bunten Stadt sind Ihre Lieblingsplätze und warum?

Ich liebe den Berliner Dom bei Nacht. Überhaupt diese Stadt bei Nacht. Dann ist sie sehr romantisch.

Noch einmal zu Ihrer Wandelbarkeit: In welche der folgenden klassischen Frauenrollen würden Sie gern mal schlüpfen und welche würden Sie auf jeden Fall ablehnen und warum?

  • Carmen
  • Julia (aus Romeo und Julia)
  • Jeanne d’Arc
  • Cleopatra
  • Sisi
  • Angela Merkel
  • Prinzessin Diana

Das ist ja eine lustige Auswahl. Also, Prinzessin Diana würde ich eher nicht spielen, da sie ja gerade wunderbar interpretiert wurde. Bei allen anderen wäre für mich immer die Frage: Wer macht was in welchem Rahmen und mit wem. Also: ist es ein Film, eine Serie, ein Theaterstück, Wer produziert das, wie ist das Buch, was wäre meine Aufgabe mit dieser Rolle in dem Projekt, wer macht die Regie, wer sind die Kollegen, etc. So pauschal könnte ich das gar nicht beantworten.

Und diese letzte Antwort nehmen wir Karoline Herrfurth gerne ab: Es gibt nämlich kaum eine Rolle, in die sie nicht als eine brillante Schauspielerin hätte schlüpfen können …

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