Ach ja: Inzwischen ist es morgens und abends herbstlich, aber mittags ist es noch SOMMER! Dennoch spüre ich Bekommenheit, denn es wird jetzt schon so früh dunkel...Ich bin abhängig vom Wetter wie Goethe, denke ich, nur bin ich leider kein literarisches Genie. Ich sollte vielleicht auch öfter nach Italien reisen... Acht Uhr, natürlich ist noch kein Fax da und mein Hund Fritz bellt bereits im Flur. Es ist höchste Zeit, denn er muss dringend mal raus. Noch kein Anruf von Wolfi, denn er schläft lang, besonders, wenn er am Abend zuvor getrunken hat. Ich höre das am Telefon immer sofort und bekomme es mit der Angst.
Gestern war er wirklich besonders frustriert. Dann trinkt er allein und zieht sich total zurück. Ich schlüpfe in die Übergangsjacke mit den rauchblauen Huskys drauf, die mir Pit noch geschenkt hat. Wolf sagt, ich sie sehe darin wie eine Litfasssäule aus. Er mag natürlich Pits Geschenke nicht. Fritz tobt jetzt wie üblich und verwüstete die Fleckerlteppiche im Flur. Er ist wirklich ein besonders hektisches Exemplar. "Halt still, Arschloch," sage ich zu ihm. Ich sage das oft. Ob er inzwischen glaubt, dass er Arschloch heisst statt Fritz?
Ich öffne die Haustür und pralle zurück: An die Wand neben der Tür gelehnt bemerke ich einen braunen, langen Gegenstand. Ach du meine Güte: Ein umgedrehter Besen! Einer jener weichen Stubenbesen, die ich zuletzt in meiner schwäbischen Grundschule zu Gesicht bekommen habe. Um den "Hals" hat der Besen eine hellblaue Glitzerschleife aus Folie, an der wiederum, fächerartig gefaltet, ein Papier hängt. Daneben ein weisses Plastikköfferchen. Ich hebe es hoch, es rumpelte darin. Ich öffne den Verschluss. Viel Alufolie, ein Geruch von Spareribs. Obenauf ein paar Zeilen: "Für Fritz zum Hunde-Schulbeginn. Trotz allem..." Wolfis Schrift ist so geschmeidig, wie seine Hände. Dieser verrückte Uhu. Ihm fällt doch immer etwas Neues ein!
Ich ziehe die Schleife auf und entfalte den Zettel: Ein bunter Computer-Clown lacht mir entgegen: Und für Dich zum Herbstanfang einfach so! Dein böser Wolf. Mich überläuft es heiß. Fliegende Hitze denke ich, aber gewiss nicht vom Klimakterium. Ein Mann, der an mich denkt, der mir zugetan ist. Der sich um mich bemüht. Und endlich einer, zu dem es mich auch hinzieht. So fühlt sich Glück an. Dem Glück vertrauen, wenn es endlich da ist, das ist das Schwerste....
Als ich mit Fritz zurück komme, läutet das Telefon. Herzklopfen. Eigentlich ist es zu früh für Wolf. "Hallo, ich bins. Hast du was vor deiner Tür gefunden", fragt er. Doch nicht zu früh. Es ist ihm also wichtig. Glücksgefühl und unendliche Hitze im Herzen. "Und ob. Ich hab mich unheimlich gefreut," sage ich nur. Dabei könnte ich jubeln, tanzen, singen, das Telefon meterhoch in die Luft schmeissen....